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Vereinigt Lebensmittel-, Landwirtschafts- und HotelarbeitnehmerInnen weltweit


Nestlé kündigt massive Entlassungen in britischer Schokoladefabrik an

An die IUL Web-Site geschickt am 26-Sep-2006

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Am 20. September verkündete Nestlé der Belegschaft seiner Schokoladefabrik Rowntree in York - in einem abgesperrten Raum mit Sicherheitsposten an der Tür - es werde im Rahmen eines umfassenden Umstrukturierungsplans 645 Arbeitsplätze beseitigen und die Produktion mehrerer Marken in andere Werke im Vereinigten Königreich und in Kontinentaleuropa verlagern. Die vorgesehenen Produktionsverlagerungen bedeuten, dass ein Teil der Betriebsanlage aufgegeben wird.

Darüber hinaus teilte Nestlé mit, dass alle Beschäftigungsbedingungen der Arbeitnehmer in der Verwaltung und Produktion, also der verbleibenden 1 529 Arbeitnehmer des Betriebs York, aufgekündigt würden.

Im Grunde bedeutet dies, dass ALLEN Fabrik- und Büroarbeitnehmern in York gekündigt worden ist.

Managementfehler als Ursache des eingebrochenen Schokoladegeschäfts im Vereinigten Königreich

Nestlé erklärt seinen Arbeitnehmern, dass Entlassungen und Senkungen der Lohnkosten notwendig seien, um das Unternehmen "fit für die Zukunft" zu machen. Das Nestlé-Schokoladegeschäft im Vereinigten Königreich ist jedoch gegenwärtig deshalb nicht "fit", weil ein erfolgreiches Unternehmen, das sich auf bekannte und beliebte Marken wie Smarties und KitKat stützen konnte, nachlässig und fehlerhaft geführt wurde. Seit dem Jahr 2000 verlieren die Schokolademarken von Nestlé im Vereinigten Königreich Marktanteile an Cadbury und Mars, weil es diesen Unternehmen gelang, sich den Veränderungen am britischen Süßwarenmarkt und der immer stärkeren Position des Einzelhandels anzupassen. Während Nestlé seine Aufwendungen für Werbung und die Sicherung von Regalflächen in Supermärkten verminderte und seinen Vertrieb stutzte, um weiterhin 20 verschiedene Marken anbieten zu können, rationalisierten seine Konkurrenten ihre Produktpaletten und investierten gewaltige Beträge in Vereinbarungen mit den Supermärkten, um sich vorteilhafte Regalflächen zu sichern.

Im November 2003 schickte Nestlé einen zuvor in Australien für den Bereich Speiseeis zuständigen Manager, der das Schokoladegeschäft im Vereinigten Königreich wieder ankurbeln sollte. Die Ergebnisse des danach vorgenommenen Versuchs, den Markt mit neuartigen KitKat-Produkten zu überschwemmen, waren katastrophal: Der Umsatz sank um 18%, und die Marke wurde fast ruiniert.

Im November 2005 wurde dieser unfähige Manager abgesetzt. Zahlen für die Managementfehler von Nestlé müssen jedoch die Arbeitnehmer.

Ein seit langem geplanter Angriff

Um besser zu verstehen, was wirklich geschieht, muss man die jüngsten Ereignisse genauer betrachten:
Nestlé hat den Boden hierfür vor fast einem Jahr vorbereitet, indem damals niedrigere Entlassungsentschädigungen festgelegt wurden, ehe nun diese Ankündigung erfolgte, die wie eine Bombe wirkte, und ist jetzt dabei, die Voraussetzungen für weitere Einsparungen zu schaffen, indem es zu der außerordentlichen Maßnahme greift, die Beschäftigungsbedingungen aller Arbeitnehmer in York aufzukündigen. Nach britischem Recht bedeutet dies, dass der Arbeitgeber und die Gewerkschaften 90 Tage Zeit haben, um eine neue Vereinbarung zu treffen. Misslingt dies, kann der Arbeitgeber seine Bedingungen selbst festlegen, ohne dass die andere Seite darauf Einfluss nehmen kann.

GMB und AMICUS, die Gewerkschaften, die die Arbeitnehmer in York vertreten, sind entschlossen, gegen Arbeitsplatzverluste, Produktionsverlagerungen sowie einseitige Änderungen der Löhne und Beschäftigungsbedingungen zu kämpfen.

Die IUL hat ihre Mitgliedsverbände bei Nestlé unterrichtet, vor allem in den Ländern, in die die Produktion von York verlagert werden soll. Es ist möglich, dass sie in den kommenden Tagen zur Unterstützung der Mitgliedsverbände eine internationale Aktion gegen das Unternehmen einleitet.

Nestlé wegen Verletzung von OECD-Richtlinien im Vereinigten Königreich angeklagt.