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Die Unilever CSR-Chroniken: Asiatische Konzernleitung stellt neue Standards in Sachen Gewerkschaftszerschlagung auf

An die IUL Web-Site geschickt am 13-Feb-2008

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Die Unilever-Konzernleitung Asien eilt weiterhin von einer Auszeichnung zur n�chsten. Vergangenen Oktober erhielt sie (kurz nacheinander) die "Belobigung f�r bedeutende Leistungen in Form einer hervorragenden Humanressourcenpolitik" und die "Auszeichnung" f�r die beste in Asien verfolgte Unternehmenssozialverantwortung (CSR) in der Kategorie Beste Praktiken am Arbeitsplatz. Doch auch in der Kategorie Armutsbek�mpfung erwies sich das Unternehmen als preisw�rdig.

Diese Flut an Auszeichnungen ist jedoch nicht ganz unproblematisch. Der intensive Wettstreit zwischen den Unilever-Unternehmensleitungen in der Kategorie Gewerkschaftszerschlagung Pakistan und Indien stellt die Preisverleiher vor ein echtes Dilemma � m�chte doch kein Management die Nummer Zwei sein. Hindustan Unilever hat neuerdings eine bislang unvermutete literarische Kreativit�t an den Tag gelegt, die die objektiven Beobachter des CSR-Verfahrens veranlasst, sich zu fragen, ob nicht eine neue Kategorie geschaffen werden sollte: "Literarische Auszeichnung im Dienste sogar noch besserer Personalpraktiken zur Armutsbek�mpfung". Hier ein Beispiel.

Im letzten Sommer hatte die indische Unilever-Unternehmensleitung die Gewerkschaftsmitglieder ihres Betriebs in Doom Dooma, Assam, sechs Wochen lang ausgesperrt. Im Anschluss daran verlangte sie von den Arbeitnehmern als Bedingung f�r die R�ckkehr zur Arbeit, dass sie ein Formular unterzeichneten, mit dem sie die Mitgliedschaft bei ihrer Gewerkschaft HHLWU zur�cklegten und einer eilig gegr�ndeten Scheingewerkschaft namens HUSS beitraten. Als die Arbeitnehmer die Legitimit�t dieses Verfahrens hinterfragten, indem sie argumentierten, die Unterschriften seien erzwungen worden, und andeuteten, sie w�ren nicht bereit, an diese Organisation Beitr�ge zu zahlen, noch sich von ihr bei den Kollektivverhandlungen vertreten zu lassen, �berlegte sich die Unternehmensleitung kurzerhand neue Methoden, um die rechtm��ige Gewerkschaft zu zerschlagen.

Am 6. Februar wurde den Arbeitnehmern aller drei Schichten von den HUSS-Funktion�ren ein neues Schriftst�ck zur Unterschrift vorgelegt. Der undatierte, in englischer Sprache verfasste Brief war an den stellvertretenden Arbeitsminister adressiert und lautete: "Als armer Jugendlicher aus Assam, der seine Familie erhalten muss, m�chte ich in einem etablierten Unternehmen wie Hindustan Unilever Limited arbeiten", und weiter "Ich ersuche Sie daher in aller Bescheidenheit um Ihre Vermittlung und den n�tigen Beistand, damit die Erwerbsquelle f�r mich und meine Familie erhalten bleibt und der Fortbestand unserer Fabrik gesichert ist, da sie f�r Menschen wie mich, die in diesem entlegenen Winkel von Assam leben, die einzige M�glichkeit darstellt, meinen Lebensunterhalt zu verdienen." Hier gelangt die altbew�hrte und raffinierte Umkehrtechnik zur Anwendung: Man beschuldige den eigenen Gegner dessen, was man selbst vorhat. Der Brief unterstellt den HHLWU-Mitgliedern, sie versuchten, unter Anwendung von Zwang an Unterschriften zu kommen.

Im Unterschied zu dem eher n�chternen Formular, zu dessen Unterzeichnung die Arbeitnehmer gezwungen wurden, um zur Arbeit zur�ckkehren zu d�rfen, stellt dieser Brief zwar einen echten literarischen Fortschritt dar, Begeisterung l�ste er aber dennoch keine aus. Das mag darauf zur�ckzuf�hren sein, dass die Muttersprache der Unilever-Besch�ftigten in Doom Dooma nicht Englisch, sondern Asamiya ist, k�nnte aber auch daran liegen, dass die ausgezeichneten Beziehungen zwischen Management und Arbeitnehmern nicht entsprechend gew�rdigt werden.

Um den Besch�ftigten den Inhalt des Briefes in seinem vollen Umfang begreiflich zu machen, stellte die Unternehmensleitung der Scheingewerkschaft das B�ro f�r Total Productivity Management (TPM, Programm zur kontinuierlichen Verbesserung aller Bereiche eines Unternehmens) zur Verf�gung. W�hrend der n�chsten drei Tage nutzten die HUSS-Funktion�re gemeinsam mit dem Unilever TPM-Beauftragten Simanta Bardoli das TPM-B�ro, um den begriffsstutzigen Arbeitnehmern den Zweck des Briefes zu erkl�ren, wonach ihre Unterschrift erforderlich sei, um einen neuen langfristigen Kollektivvertrag zu verhandeln, da der bestehende (von der HHLWU abgeschlossene) Tarifvertrag am 1. April ausl�uft. (Die HUSS sollte also als die einzige Arbeitnehmervertretung bei den Tarifverhandlungen offiziell etabliert werden.) Als die Arbeitnehmer darauf hinwiesen, dass diese Erkl�rung ihrem Verst�ndnis des Briefes nicht entspreche, machte der Manager sie darauf aufmerksam, dass ihre Weigerung zu unterschreiben der Hindustan Unilever Konzernleitung keine andere Wahl lie�e, als die Fabrik zu schlie�en!

Hindustan Unilever erweist sich in Sachen Kreativit�t (einmal mehr) als Vorzugssch�ler. Die Gewerkschaft bringt diese Praktiken vor die Konzernleitung und die zust�ndigen Beh�rden. Die IUL informiert ihrerseits ihre Mitglieder und das nationale Kontaktb�ro der OECD in Gro�britannien, dessen Aufgabe es ist, die OECD-Richtlinien f�r multinationale Unternehmen zu �berwachen (die u.a. untersagen, dass das Management im Zuge eines Arbeitskonflikts die Androhung einer Produktionsverlagerung in den Raum stellt). Wir werden auch die Mitglieder der Jury der n�chsten CSR-Preisverleihungsrunde informieren, damit Unilever die f�r seine Verdienste geb�hrende Anerkennung erh�lt.

K�nftige Artikel der Reihe Die Unilever CSR-Chroniken werden sich u.a. mit Hindustan Unilevers geschickter Ausbeutung des zwischen den indischen Bundesstaaten herrschenden Steuerwettbewerbs besch�ftigen, deren Zweck darin besteht, seine betrieblichen Gewinne durch Schlie�ungen und Verlagerung der Produktionsstandorte zu maximieren. Wie w�r�s mit einer "Auszeichnung f�r Steuerabsprachen zur Armutslinderung"? Oder "Runder Tisch �ber nachhaltige Aktienr�ckk�ufe"? Wir bleiben dran ...