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IUL
Vereinigt Lebensmittel-, Landwirtschafts- und HotelarbeitnehmerInnen weltweit


NGG beschließt umfassenden Kampf gegen prekäre Arbeitsverhältnisse

An die IUL Web-Site geschickt am 30-Oct-2008

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Der Kampf gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse war eines der Hauptthemen auf dem Gewerkschaftstag der deutschen Nahrungs- und Genussmittelgewerkschaft NGG, des größten IUL-Mitgliedsverbandes in Europa, vom 20.-24. Oktober in Berlin.

Die zahlreichen Probleme, die durch die Zunahme prekärer Beschäftigung in ihren verschiedenen Formen entstehen, war ein wiederkehrendes Thema des gesamten Kongresses. Vor mehr als 700 Gästen und Delegierten führte der NGG-Vorsitzende Franz-Josef Möllenberg besonders missbräuchliche Beispiele für die Ausbeutung prekärer Beschäftigter durch einige Arbeitgeber ebenso an wie für erfolgreiche Verhandlungen, die Leiharbeit in manchen Unternehmen gestoppt haben, und erinnerte seine ZuhörerInnen daran, dass Leiharbeit früher als "moderne Sklaverei" bezeichnet wurde.

Praktisch alle Hauptredner des Gewerkschaftstags sprachen die Dringlichkeit eines gewerkschaftlichen Kampfes gegen die verschiedenen Formen der prekären Beschäftigung an, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa und darüber hinaus. Neben dem Leitantrag des NGG-Hauptvorstands zum Kampf gegen Prekarisierung lagen mehr als ein Dutzend weitere Anträge mit Aufrufen zu konkreten Initiativen aus den Regionen und Beschäftigtengruppen vor. Alle Anträge verfolgten das Ziel, Outsourcing und Prekarisierung zu stoppen und zurückzudrängen, gleiche Bedingungen für LeiharbeiterInnen gegenüber den Stammbelegschaften durchzusetzen und gewerkschaftliche Einflussmöglichkeiten zu suchen – von der Tarifarbeit auf Betriebs- und Branchenebene bis zu nationaler Gesetzgebung und Europäischen Initiativen.

Eine wichtige Satzungsänderung lässt jetzt die Aufnahme von LeiharbeiterInnen, die in NGG-Sektoren beschäftigt sind, in die Gewerkschaft zu. NGG wird sich auch für eine striktere gesetzliche Einschränkung befristeter Arbeitsverträge und für die Abschaffung der sogenannten Minijobs einsetzen, eine Form prekärer Beschäftigung, die Beschäftigten die Sozialversicherung verweigert und von Arbeitgebern zur Vernichtung regulärer Arbeitsplätze genutzt worden ist.

Ein weiteres Hauptthema des Gewerkschaftstages war die in Deutschland laufende Mindestlohnkampagne. Deutschland, als eines der ganz wenigen Länder in der EU, in dem es keine Untergrenze für Löhne gibt, ist mit einer explosionsartigen Zunahme von Arbeitsverhältnissen konfrontiert, in denen Menschen "Arm trotz Arbeit" sind. NGG hat zusammen mit der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und dem DGB eine Kampagne für die Einführung eines Mindeststundenlohns angeführt, die durch zahlreiche Aktionen in den letzten drei Jahren die öffentliche Meinung auf ihre Seite bringen konnte. Der Gewerkschaftstag diskutierte lebhaft darüber, wie durch Tarifverträge bessere Einkommen erreicht werden können, während die Kampagne eine gesetzliche Regelung als untere "Auffanglinie" durchsetzen soll.

Der Gewerkschaftstag reagierte auch auf die gegenwärtige globale Finanzkrise und forderte eine striktere Regulierung von Finanzmärkten, eine Steuer auf Finanztransaktionen (sog. Tobin Tax), ein staatliches Konjunkturprogramm zur Stützung der realen Wirtschaft der Produktion von Gütern und Dienstleistungen, sowie einen banken-finanzierten Europäischen Bankensicherungsfonds, der in Zukunft kriselnde Banken stützen soll.

In seiner Rede betonte IUL-Generalsekretär Ron Oswald den Zusammenhang zwischen dem fallenden Lebensstandard von US-amerikanischen ArbeiterInnen und der Hypothekenkrise, die den globalen Finanzkollaps ausgelöst hatte. Wachsende Armut und Ungleichheit seien auch die Folge sinkender Mitgliederzahlen in den Gewerkschaften, und Gewerkschaften in Deutschland und weltweit müssten es als eine Schlüsselaufgabe begreifen, den gewerkschaftlichen Organisationsgrad wieder zu erhöhen.

Der Kampf gegen Rassismus und Rechtsradikalismus, einschließlich gewerkschaftlicher Reaktionen auf rassistisches Verhalten am Arbeitsplatz, war ein weiteres wichtiges Thema des Kongresses, bei dem sich die Mitglieder der "Jungen NGG", der NGG-Jugendorganisation, stark engagieren. Berichtet wurde auch über ein gemeinsames Projekt der NGG mit dem Arbeitgeberverband der Ernährungsindustrie für Toleranz, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb und darüber hinaus.


Kongressdelegierte stimmten mit Karten ab, auf denen "NGG zeigt Rassismus die rote Karte" aufgedruckt war

Der Gewerkschaftstag bestätigte den Vorsitzenden Franz-Josef Möllenberg und seine Stellvertreterin Michaela Rosenberg mit großer Mehrheit in ihren Ämtern, Claus Harald Güster wurde als weiterer Stellvertreter neu gewählt.