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IUL
Vereinigt Lebensmittel-, Landwirtschafts- und HotelarbeitnehmerInnen weltweit


Fastenzeit bei Kraft nach Cadbury-Gelage - um wieviele Arbeitspl�tze leichter?

An die IUL Web-Site geschickt am 22-Feb-2010

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Meldung
Kraft Foods startet um 150 Millionen Pfund leichter in das neue Jahr
NORTHFIELD, IL (27. Januar 2010) - Vor einigen Jahren beschloss Kraft Foods, kr�ftig abzuspecken.

Finanzmeldung
Kraft Foods kommt mit Angebot f�r Cadbury Plc zum Zuge
NORTHFIELD, IL (2. Februar 2010) - Ich begr��e die Cadbury-Besch�ftigten herzlich in der Kraft Foods Familie und freue mich darauf, mit vielen von ihnen in den n�chsten Tagen und Wochen zusammenzutreffen. Dieses nun verbundene Unternehmen hat eine ph�nomenale Zukunft vor sich, und ich bin der festen �berzeugung, es wird unseren Aktion�ren au�ergew�hnliche Renditen erbringen.
Irene Rosenfeld, Vorstandsvorsitzende von Kraft Foods
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Der Verhaltenskodex von Kraft Foods wird eingeleitet von einer alten Anzeige f�r Kool-Aid, ein zuckriges Getr�nkepulver: "Sie haben es als Kind geliebt. Sie vertrauen ihm als Mutter." Verbunden wird diese Anzeige mit einer geistvollen Botschaft der Konzernchefin Irene Rosenfeld. Die Kool-Aid Anzeige, so meint sie, "erfasst auf das Sch�nste das Wesen des Vertrauens, das seit mehr als hundert Jahren unser Handeln bestimmt." Vertrauen, so macht uns der Kodex klar, ist f�r Kraft der "alles entscheidende" Wert: "Vertrauen hei�t, andere k�nnen darauf bauen, dass wir wahrheitsgem�� reden, unsere Verpflichtungen erf�llen und Menschen fair behandeln." Ferner erf�hrt der Leser: "Vertrauen ist empfindlich ... ein kontaminiertes Produkt verkaufen, Verbraucher irref�hren, in unseren Bilanzen l�gen - jede einzelne dieser Handlungen w�rde das Vertrauen zerst�ren." Vertrauensverlust bedeutet, dass "M�tter unserer Werbung nicht mehr glauben ..."

Nestl� setzt offensichtlich darauf, dass M�tter immer noch Vertrauen in die Tiefk�hlpizzas von Kraft haben, die im August vorigen Jahres aufgrund des Nachweises eines nicht ausgewiesenen potenziellen Allergens in 17 US-amerikanischen Bundesstaaten zur�ckgerufen wurden. Im Januar n�mlich legte das Unternehmen 3,7 Milliarden US-Dollar bar auf den Tisch, um die Sparte Tiefk�hlpizzas von Kraft zu erwerben und ihm damit das dringend ben�tigte Geld f�r die Cadbury-�bernahme zu liefern.

Die britische Gewerkschaft Unite erhielt j�ngst eine Lektion �ber wahrheitsgem��es Reden und faire Behandlung, als Kraft unter dem massiven Druck einer britischen �ffentlichkeit, die sich noch gut daran erinnerte, dass Kraft vor einiger Zeit die ber�hmte Terry's-Schokoladefabrik in York �bernahm und kurz darauf schloss, in zynischer Weise der Hoffnung Nahrung gab, dass die Cadbury-Fabrik in Somerdale, die Cadbury eigentlich schlie�en wollte, im Fall einer �bernahme durchaus weiterarbeiten k�nnte.

Laut einer Pressemitteilung der Unite vom 9. Februar ignorierte Kraft "wiederholte Bitten um Zusammenk�nfte und Gespr�che �ber die Zukunft". Die Unite stellte fest: "Selbst als Mitglieder der Konzernleitung in Somerdale waren und ihre Erkl�rung gegen�ber unseren Mitgliedern vorbereiteten, versicherte ein Kraft-Vorstandsmitglied der Unite, dass noch keinerlei Beschluss gefasst worden sei und dass wir als Erste informiert w�rden. Das ist f�r die 6 000 �brigen Cadbury-Besch�ftigten in Gro�britannien und Irland die schlimmste aller m�glichen Aussagen. Sie macht ihnen klar, dass Kraft seine Besch�ftigten und die Gewerkschaft, die sie vertritt, gleichg�ltig sind."

Seit Jahrzehnten werden Kraft-Arbeitspl�tze in den USA beseitigt und ausgelagert, w�hrend das Unternehmen jede Investorenkonferenz und Quartalsbilanz mit der Ank�ndigung weiterer Entlassungen und Betriebsschlie�ungen vorbereitet. Wenn sie "Wachstum" h�ren, wissen die Besch�ftigten, was sie zu erwarten haben. Cadbury Somerdale ist jedoch weder in Gro�britannien noch bei Kraft Europa ein Einzelfall.

Der Beauftragte der Gewerkschaft GMB, der �ber die Schlie�ung des Terry's-Betriebs verhandelte, nannte das Vorgehen "Tod durch Verheimlichung" und erl�uterte: "Kraft erkl�rte uns privat, man suche einen geeigneteren Standort in York. Es sickerte aber bald durch, dass man seit jeher geplant hatte, die Produktion nach Osteuropa zu verlagern."

Seine Expansion in Europa begann Kraft in den 1990er Jahren mit der �bernahme von Jacob Suchard und drei Jahre sp�ter des skandinavischen S��warenunternehmens Freia Marabou. Da Freia Marabou seinen Sitz in Norwegen hatte, war Kraft gesetzlich gezwungen, seinen Gesch�ftsplan offenzulegen, um die Genehmigung der Regierung zu erhalten.

Um das Gesch�ft abschlie�en zu k�nnen, machte Kraft ausdr�ckliche Zusagen in Bezug auf die Fortf�hrung der f�nf Produktkategorien des Unternehmens. In rascher Folge wurden diese jedoch verkauft, ausgelagert oder ins Ausland verlegt. Heute gibt es nur noch die Sparte Schokolade. Kraft hatte erkl�rt, ein Hauptgrund f�r die �bernahme sei die Steigerung der Schokoladeproduktion; doch wurde diese Sparte durch Standortverlegungen und Auslagerungen st�ndig zur�ckgefahren. Die Zentrale der Nordischen L�nder sollte in Oslo bleiben, wurde aber rasch nach Stockholm verlegt. Kraft versprach ferner, die Tradition und Kultur des Unternehmens zu bewahren. In Wirklichkeit aber wurden diese Werte wie K�se ausgewalzt, bis sie nicht mehr wiederzuerkennen waren.

Nat�rlich verweist Kraft seit eh und je auf ver�nderte Umst�nde als Gr�nde f�r solche pl�tzlichen Sinneswandlungen. Als der fr�here Cadbury-Vorsitzende Roger Carr am 19. Januar verk�ndete, der Preis sei jetzt f�r Cadbury richtig, entdeckte er gleichzeitig, wenn auch versp�tet, das Eintreten von Kraft f�r "unser Erbe, unsere Werte und unsere Mitarbeiter in der ganzen Welt", und das gerade mal f�nf Tage, nachdem er �ffentlich dieses Unternehmen als "Konglomerat ohne Zielrichtung" verh�hnt hatte. Ganz offensichtlich hatten sich die Umst�nde ver�ndert. Carr konnte jedoch seine Aktienoptionen und Boni kassieren und weiterziehen. Die Kraft-Besch�ftigten dagegen haben solche M�glichkeiten nicht und machen sich verst�ndlicherweise Sorgen wegen ihrer Situation in einem Unternehmen, das aufgrund seiner �bernahmebulimie heftig verschuldet und kaum noch glaubw�rdig ist, wenn es um so etwas Wesentliches geht wie ... Vertrauen.

Als Kraft die europ�ische Biskuitsparte von Danone kaufte, gab Rosenfeld bekannt, die �bernahme werde durch die Aufnahme neuer Kredite finanziert, damit auch weiterhin Barmittel bereitst�nden, um das Aktienr�ckkaufprogramm zu finanzieren. Unter der erdr�ckenden Last seiner Schulden war Kraft jedoch gezwungen, diese R�ckk�ufe auszusetzen. Das Unternehmen investierte gro�e Summen, um Investoren davon zu �berzeugen, dass es gesund sei (und entlie� weitere Tausende von Besch�ftigten, um zu demonstrieren, wie wichtig ihm der "Mehrwert f�r die Aktion�re" war). Die Investoren sind nach wie vor nicht �berzeugt, doch zumindest werden sie regelm��ig zu Konferenzen eingeladen. Die Unite konnte kein Treffen erreichen - und Kraft hat Forderungen der Gewerkschaften in aller Welt abgelehnt, mit ihnen und der IUL als globalem Partner zusammenzutreffen.

Die Lektion Somerdale wird nicht so leicht in Vergessenheit geraten. Kraft w�re gut beraten, wenn es sich klarmachte, dass Vertrauen in der Tat unerl�sslich f�r gute Arbeitsbeziehungen ist und mehr erfordert als Kool-Aid und durchschaubare L�gen.