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Kraft reagiert auf die 'Erregung' nach der Cadbury-Übernahme mit ... Umfragen

06.05.10 News
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Wer die parlamentarische Untersuchung in Großbritannien über die Cadbury-Übernahme durch Kraft verfolgte, konnte nur zu dem Schluss kommen, dass Kraft entweder alles andere als ehrlich oder einfach unfähig oder gar beides war, als es in zynischer Weise den falschen Hoffnungen in Bezug auf den zur Schließung vorgesehenen Cadbury-Betrieb Somerdale Nahrung gab (siehe Fastenzeit bei Kraft nach Cadbury-Gelage - um wieviele Arbeitsplätze leichter?)

Der Untersuchungsausschuss (dessen Bericht in Englisch, einschließlich der Aussagen von Zeugen der Unite hier abgerufen werden kann, fand auch deutliche Worte zur Rolle kurzfristig orientierter Investoren, die die langfristigen Interessen des Unternehmens für einen schnellen Kapitalgewinn opferten, und die sich hieraus ergebenden Folgen für Arbeitnehmer und ihre Gemeinschaften.

Was hat die Kraft-Konzernchefin Irene Rosenfeld (deren Weigerung, persönlich zu erscheinen, sowohl den Ausschuss als auch die Öffentlichkeit in Großbritannien verärgerte) hieraus gelernt? Es herrscht "da draußen ein bisschen Erregung", erklärte sie gegenüber dem Wall Street Journal bei einem Interview am 19. April. Wie sah die Reaktion von Kraft hierauf aus? "Wir führen Umfragen durch, um zu erfahren, was die Leute empfinden", sagte Rosenfeld.

Cadbury-Arbeitnehmer in Großbritannien sind aber nicht die einzigen, die sich über die Folgen der Transaktion erregen. Die "Erregung" erfasst vielmehr die Kraft-Arbeitnehmer in der ganzen Welt, die sich fragen, wie sich die veranschlagten 675 Millionen US-Dollar Kostensenkungen, die Kraft über die bereits angekündigten Kostensenkungen hinaus zur Finanzierung der Übernahme vorzunehmen zugesagt hat, auf ihre Arbeitsplätze auswirken werden. Warren Buffet, dessen Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway der größte Kraft-Aktionär ist, "erregt" sich ebenfalls. Er hat die Übernahme jetzt bissig als "töricht" bezeichnet (während sie für ihn vor der Übernahme noch ein "schlechtes Geschäft" war) und damit den Druck zu noch größeren Kostensenkungen und mehr Stellenstreichungen weiter erhöht. Weniger deutlich war er in Bezug auf die 26 Millionen US-Dollar, die Rosenfeld kassierte, doch konnte er bei Gesprächen mit Reportern anlässlich der letzten Jahreshauptversammlung von Berkshire Hathaway seine Irritation hierüber nicht verbergen. Natürlich hat niemand vorgeschlagen, eine Umfrage bei Kraft-Arbeitnehmern darüber durchzuführen, was sie "empfinden" ...

Als Reaktion auf Botschaften von Gewerkschaften in der ganzen Welt, in denen Kraft aufgefordert worden war, globale Beziehungen zur IUL und ihren Mitgliedsverbänden aufzunehmen, hat Rosenfeld gemeint, dass die "Lösung" zur Beruhigung darin bestehe, "die bestehenden Kommunikationskanäle zu nutzen". Das Problem ist jedoch, dass solche Kanäle in großen Teilen der Welt nicht bestehen, wie dies zum Beispiel in Nordamerika der Fall ist, wo die Feindseligkeit des Unternehmens gegenüber Gewerkschaften allgemein bekannt ist. In anderen Teilen der Welt, etwa in Südafrika, wo Kraft Gewerkschaften anerkennt und mit ihnen verhandelt, blieb die Frage ebenfalls unbeantwortet. Und die Wurzel des Problems liegt darin, dass die Kraft-Konzernleitung die globale Strategie diktiert, während sie den Gewerkschaften den Zugang zu den globalen Entscheidungsträgern verweigert.

Angesichts dieser Situation braucht Kraft keine "Umfragen, um zu erfahren, was die Leute empfinden". Reuters berichtete am 29. Januar, dass Kraft nicht einmal in der Lage war zu sagen, wieviele Arbeitsplätze gestrichen wurden, nachdem es Lu von Danone übernommen hatte! Wenn Kraft es ernst damit meint, mehr als nur zügellose Kostensenkungen vornehmen zu wollen, mit denen es regelmäßig auf die vierteljährlichen Investorenforderungen reagiert hat, muss das Unternehmen sich damit befassen, wie andere globale Lebensmittelunternehmen die Anerkennung von Gewerkschaften auf die internationale Ebene angehoben haben. Das hat echte Kanäle für Verhandlungen eröffnet, statt nur Schaden zu begrenzen. Geschieht das nicht, kann es nur heißen, dass die "Erregung" da draußen weiter zunimmt.