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Honduras: eine gestohlene Wahl und das Vermächtnis eines Staatsstreichs

07.12.17 Editorial
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Am 26. November gingen die Bürger von Honduras zu den Wahlurnen, um einen neuen Präsidenten zu wählen. Die Wahl wurde gestohlen, was in dem von Gewalt, Korruption und gerichtlicher Straffreiheit gebeutelten Land eine neue Krise auslöste.

Trotz zaghafter Fortschritte auf dem Weg zur Demokratie in Honduras nach 1980, die auf Jahrzehnte autoritären Regierens und einer Militärdiktatur folgten, kämpfte das Land immer noch mit einem 'Demokratiedefizit', wie es euphemistisch heisst. Diese bescheidenen Fortschritte wurden 2009 durch einen Staatsstreich zunichte gemacht, der das Land in eine albtraumhafte Spirale von Repression, Korruption und zunehmender Armut stürzte.Die traditionelle Wirtschaftselite mit ihrer Vorliebe für Polizeigewalt und Repression erschloss sich mit Landraub und Enteignung in grossem Stil neue Quellen der Bereicherung.

Gewerkschafter, Bauern- und Umweltaktivisten, Menschenrechtsverteidiger und Regierungskritiker sind straflos ermordet worden (auf Englisch). Das Strafgesetzbuch ist umgeschrieben worden, um Proteste als terroristische Aktivität einzustufen. Das System der sozialen Sicherheit ist geplündert worden, um Korruption und Bereicherung zu finanzieren. Präsident Hernandez manipulierte den Obersten Gerichtshof, damit er bei der Wahl antreten konnte, die er soeben gestohlen hat.

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Demokratische Kräfte leisteten und leisten weiterhin Widerstand. Das IUL-Sekretariat für Lateinamerika und die Mitgliedsverbände in Honduras und in der Region haben diesen Widerstand ständig unterstützt. Die Honduraner sind sofort auf die Strasse gegangen, als das Ausmass des Wahlbetrugs offenbart wurde. Sie trafen auf Polizeigewalt, eine Ausgangssperre und de facto einen Ausnahmezustand. Sie leisten weiterhin Widerstand, und die Intensität dieses Widerstands kommt in der am 5. Dezember abgegebenen Erklärung der stark militarisierten staatlichen Polizei in der Hauptstadt Tegucigalpa zum Ausdruck, dass sie sich weigern werde, die Ausgangssperre durchzusetzen. "Wir wollen nicht die Rechte der honduranischen Bevölkerung unterdrücken und verletzen", erklärte ihr Sprecher gegenüber der Presse.

Auf den Staatsstreich von 2009 folgte rasch die groteske Wahl einer "De-facto"- Regierung; die anfängliche Welle von Sanktionen und Verurteilungen wich bald Widerrufen, Zustimmung und Anerkennung. Dieses Szenario darf sich nicht wiederholen.

Die diskreditierte Wahlkommission hat eine begrenzte Neuauszählung angeboten, die nur eine weitere 'De-facto'- Regierung zur Folge haben kann. Alle Stimmzettel müssen unter Aufsicht zuverlässiger, erfahrener und legitimer Beobachter und mit voller Beteiligung der politischen Opposition und der Zivilgesellschaft neu ausgezählt werden. Auf die amtierende Regierung muss grösster internationaler Druck ausgeübt werden. Der Druck muss über die erforderliche Neuauszählung hinaus anhalten, um sicherzustellen, dass dem giftigen Vermächtnis von 2009 eine Absage erteilt wird und die Bevölkerung von Honduras die Möglichkeit hat, Straflosigkeit, Gewalt, Korruption und institutionalisierten Diebstahl anzufechten.