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Iran: Solidarität angesichts der Unterdrückung

09.01.18 Editorial
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Tausende von Iranern gingen Ende 2017 im ganzen Land auf die Strasse, um ihrer Frustration und ihrem Ärger wegen der Armut, der Brutalität und der Korruption, die ihr Leben zerstören, Luft zu machen. Mindestens zwanzig Demonstranten sind getötet worden, und mehr als tausend Menschen sind dem Vernehmen nach inhaftiert worden und müssen sich auf Gefängnis, Missbrauch und Folter gefasst machen. Die Demonstrationen haben aufgehört, die Verhaftungen gehen aber weiter.

Worauf sind die Proteste zurückzuführen? Die Sicherheitskräfte, für die es nur Gehorsam oder Aufruhr gibt, machen ‘ausländische Feinde’ dafür verantwortlich. . Journalisten und Propagandisten, die alles nur durch die Brille der Rivalitäten zwischen Regionen und Supermächten sehen, haben ebenso wenig Ahnung.

In keinem der Medienberichte werden die Demonstrationen in Shush erwähnt, dem Standort des riesigen Zuckerohrplantagen- und Zuckerrohrfabrikkomplexes Haft Tapeh, wo die Beschäftigten seit Anfang Dezember streiken und demonstrieren (und im Sommer letzten Jahres Strassen blockierten, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen). Aber Shush ist ein Mikrokosmos all dessen, was die Menschen auf die Strasse getrieben hat.

Die Haft Tapeh-Beschäftigten sind vor rund sechs Monaten letztmals entlohnt worden. Die Bäckereien und Geschäfte in der Stadt stehen vor dem Ruin und verkaufen nicht mehr auf Kredit. In einer sterbenden Stadt geht der Hunger um.

Niemand hat eine Erklärung dafür, wie zwei unbekannte junge Männer ohne Erfahrung auf dem Gebiet der Lebensmittelverarbeitung im Zuge einer undurchsichtigen Privatisierung in den Besitz der Fabrik, der Felder und der umliegenden Immobilien gelangen konnten. Und niemand kann erklären, was mit dem Geld passiert ist, das in das staatliche Sozialversicherungssystem hätte eingezahlt werden sollen. Als Folge davon sind Tausende von Rentnern hungrig und mittellos.

Wie sollten die Gewerkschaften gegenüber einem autoritären Regime, das nur Repression kennt, und der Versuchung, die sich Regierungen, die Arbeitnehmerrechten grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen, aufgrund der Lage bietet, sich opportunistisch zu verhalten und Unruhe zu stiften, reagieren? Zusammen mit unseren Verbündeten können wir den Kampf der iranischen Arbeiter für Rechte am besten unterstützen, indem wir all jene in Iran verteidigen, die sich mutig für den Aufbau unabhängiger Arbeitnehmerorganisationen einsetzen: die Haft Tapeh-Beschäftigten, die Transportarbeiter in Teheran, die Mitglieder und Aktivisten des Iranischen Lehrerverbands, Arbeiterrechtsaktivisten wie den Bäcker Mahmoud Salehi und die vielen anderen Menschenrechtsverteidiger, die unter schwierigen Bedingungen kämpfen.