Obwohl die COVID-19-Pandemie in diesem Jahr in den meisten Teilen der Welt unsere traditionellen Formen des Feierns unmöglich gemacht hat, wird unser Geist der Solidarität an diesem Tag der Arbeit nicht besiegt werden, während wir uns erneut den dringenden Kämpfen für Gerechtigkeit, Gleichheit und Frieden widmen.
Heute ist auch die Zeit, an diejenigen zu denken, die den Tag der Arbeit nicht feiern können, einschließlich all der Arbeiter und Arbeiterinnen, die durch COVID-19 ihr Leben verloren haben. Und politisch, da sich der globale Kampf zwischen Demokratie und Autoritarismus mit Chinas hartem Vorgehen gegen alle Formen demokratischer Meinungsäußerung in Hongkong und mit dem mörderischen Angriff der Militärdiktatur in Myanmar auf das eigene Volk zur Aufrechterhaltung ihrer repressiven Kontrolle verschärft hat, wird den Arbeitern in Hongkong und Myanmar ihr Recht auf Teilnahme am Tag der Arbeit verweigert.
Während wir um die 3 Millionen Kolleginnen und Kollegen trauern, die wir durch die Pandemie verloren haben, müssen wir uns auch auf die Lektionen konzentrieren, die wir im letzten Jahr gelernt haben. COVID-19 war ein Brandbeschleuniger, der die Kämpfe, die wir bereits führten, verschärft und intensiviert hat. Umweltzerstörung setzt zoonotische Krankheiten frei, die das Leben und die Lebensgrundlage von Arbeitnehmern auf der ganzen Welt gefährden und uns daran erinnern, dass die Arbeiterbewegung jetzt mobilisieren muss, um zur Lösung der Klimakrise beizutragen. Gesundheit und Sicherheit, ein Eckpfeiler der frühen Gewerkschaftsbewegung, sind in den Vordergrund gerückt, da Arbeit wieder einmal zu einer Frage von Leben oder Tod geworden ist. Die Zunahme von sexueller Belästigung und häuslicher Gewalt sowie die zunehmenden Angriffe auf LGBTI-Arbeitnehmer*innen haben uns in unserem Engagement für die Beendigung geschlechtsspezifischer Gewalt bestärkt und uns gezeigt, dass wir unsere Arbeit für Gleichberechtigung verstärken müssen. Höhere Hungerraten erinnern uns daran, wie kaputt unser Lebensmittelsystem ist, da Lebensmittelarbeiter, vom Pflug bis zum Teller, die Welt ernähren, während sie für Rechte am Arbeitsplatz und Nahrung für ihre eigenen Familien kämpfen.
Wir haben während der Pandemie auch die Beschleunigung der wirtschaftlichen und politischen Polarisierungen gesehen, die bereits im Gange waren. Die Reichen sind viel reicher geworden, das persönliche Vermögen des reichsten Mannes der Welt ist um 70 Milliarden US-Dollar auf schwindelerregende 201 Milliarden US-Dollar gestiegen. Die Bürger der reichen Länder werden viel schneller geimpft als die der armen Länder. Die globale Elite verweigert ausgleichende Maßnahmen wie die TRIPS-Ausnahme bei der WTO, die die globale Impfung beschleunigen würde. Das Ergebnis ist, dass sich die wirtschaftlichen Aussichten der reichen Länder täglich verbessern, während die armen Länder weiter zurückfallen.
Am Tag der Arbeit feiern wir den Kampfgeist der Arbeiterbewegung. Wir feiern unsere Kolleginnen und Kollegen in Hongkong, die trotzig ins Gefängnis marschieren und die Demokratie verteidigen. Wir feiern unsere Kolleginnen und Kollegen unter der Belagerung in Myanmar, die den Widerstand trotz aller Widrigkeiten fortsetzen. Wir feiern die zahllosen Siege am Arbeitsplatz in diesem Jahr, große und kleine, für neue Gewerkschaften, für neue Tarifverträge, für Schutzausrüstung, für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, für Rückrufrechte, für die Gesundheitsversorgung. Wir feiern das neue Gesetz gegen die Untervergabe von Aufträgen im Fleischsektor in Deutschland und neue Gesetze zur Regulierung der Gig-Economy in Großbritannien. Wir blicken voraus auf die noch nicht realisierten Siege, die die Rechte der Menschen über die Forderungen der Investoren nach exzessiven Profiten stellen werden, für sozialen Schutz für alle, für gleichen Zugang zu Impfungen, für Gesundheits- und Sicherheitsschutz als Grundrecht für alle Arbeitnehmer, für einen gesunden Planeten, auf dem Gewerkschaften und demokratische Rechte das Fundament einer gerechten und gleichen Gesellschaft bilden.
Wir feiern die Rechte, die wir haben, das Ergebnis so vieler Generationen von Kämpfen, und wir verpflichten uns erneut zu unseren gegenwärtigen Kämpfen, die die Grundlage für die Rechte bilden, die die Arbeiter*innen der Zukunft eines Tages genießen werden.
Einen schönen Maifeiertag, Kolleginnen und Kollegen!
