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Britische Königliche Kommission warnt vor tödlichen Folgen unregulierter Nanotechnologieerzeugnisse

An die IUL Web-Site geschickt am 20-Nov-2008

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In einem neuen Bericht der britischen Königlichen Kommission gegen Umweltverschmutzung werden dringende Maßnahmen gegen die potenziell tödlichen Folgen kommerzieller Anwendungen der Nanotechnologie gefordert. Erzeugnisse mit technisch veränderten Nanoteilchen kommen rasch auf den Markt, obwohl es keine ausreichenden Forschungen und Tests über ihre Umweltauswirkungen und die Gefahren für die menschliche Gesundheit gibt, heißt es in dem Bericht. "Die derzeitigen Tests und die geltenden Vorschriften sind unzureichend", meint der Kommissionsvorsitzende Sir John Lawton. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass eine Eindämmung der potenziellen Gefahren durch Nanomaterialien nur durch eine umfassende Überwachung, intensive Forschung und Änderungen der geltenden europäischen Vorschriften möglich ist, die in keinem Fall die besonderen Eigenschaften technisch veränderter Nanomaterialien in konkreten Produkten berücksichtigen. Die Empfehlungen fordern eine "dringende" Überprüfung und Revision der produktspezifischen, sektorspezifischen und Chemikalien betreffenden Verordnungen (REACH) der EU.

Professorin Susan Owens von der Universität Cambridge, die der Kommission angehört, erklärte unter Hinweis auf die Spätfolgen von Asbest und anderen tödlichen Produkten: "Wenn wir nichts tun und es dabei belassen, werden sich die Dinge in 10 bis 15 Jahren von selbst manifestieren".

Der Bericht stellt das rasche Tempo der Innovation und Kommerzialisierung dem völligen Fehlen von "Daten über chronische, langfristige Auswirkungen auf Menschen, andere Organismen oder die allgemeine Umwelt" gegenüber .... "Unwissenheit hierüber wirft die Frage auf, wieviel Vertrauen die geltenden Regulierungsmaßnahmen verdienen". Der Bericht verweist auch auf das Unvermögen der heutigen toxikologischen Forschung, der Flut neuer Erzeugnisse und Verfahren gerecht zu werden, und es heißt darin: "Die Kommission ist äußerst besorgt über die langen Vorlaufzeiten, die die Forschung benötigt, um einer Gesetzgebung und Regulierung dienliche Ergebnisse zu liefern. Wir haben die Meinung von Sachverständigen eingeholt, wonach es sich hierbei ohne weiteres um Vorlaufzeiten von 'mehreren Jahrzehnten' handeln könnte. Infolge dessen und unabhängig davon, wie gut die Forschungsanstrengungen sein mögen, werden beträchtliche Unsicherheiten und unbekannte Bereiche bleiben".

Die Schlussfolgerungen der Königlichen Kommission kritisieren die Selbstgefälligkeit der jüngsten Regulierungsüberprüfung von Nanomaterialien durch die Europäische Kommission, die zu dem Schluss kam, dass keine nanospezifischen Maßnahmen erforderlich sind, weil die einschlägigen EU-Gesetze über Chemikalien, Arbeitsschutz und Umwelt "im Prinzip" auch für die Nanotechnologie gelten.

Der Europäische Gewerkschaftsbund hat reagiert, indem er die Kommission aufgefordert hat, die REACH-Verordnung dahingehend zu ändern, dass Nanomaterialien, die unter dem Grenzwert von einer Tonne pro Jahr hergestellt oder importiert werden, einbezogen werden. "Arbeitnehmer in der gesamten Produktionskette von Laboratorien über die Fertigung, den Transport, Ladenregale, Reinigung und Wartung bis zur Abfallentsorgung" sind der Einwirkung von Nanomaterialien ausgesetzt, die ohne Kenntnis ihrer potenziellen Folgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt hergestellt und vertrieben werden", heißt es in der Entschliessung des EGB.

Der niederländische Gewerkschaftsbund FNV hat am 9. Oktober den niederländischen Arbeitsminister aufgefordert, besondere Verhütungsmaßnahmen für Arbeitnehmer zu treffen, die der Einwirkung von Nanomaterialien ausgesetzt sind, und erklärt: "Der FNV kann die derzeitige Unbestimmtheit in Bezug auf Schutzmaßnahmen, die Unternehmen treffen sollten, um einen ausreichenden Schutz bei der Arbeit mit Nanopartikeln zu gewährleisten, nicht akzeptieren. Die Arbeitsaufsicht verfügt nicht über die erforderlichen Instrumente, um Arbeitgeber in Hinblick auf den Schutz der Arbeitnehmer korrigierend zu beraten. Diese Situation ist nicht akzeptabel und muss unverzüglich bereinigt werden". Der FNV fordert die obligatorische Aufnahme von Einzelheiten über die Präsenz von Nanoteilchen in betriebliche Sicherheitsblätter.

Der Bericht der britischen Königlichen Kommission bedeutet eine kräftige Unterstützung der Grundsätze für die Aufsicht von Nanotechnologien und Nanostoffen, die die IUL und andere Gewerkschafts- und Bürgerorganisationen im vorigen Jahr verabschiedet haben. Der IUL-Kongress 2007 forderte ein Moratorium der Kommerzialisierung von Erzeugnissen auf der Grundlage von Nanomaterialien und -verfahren, solange eine strenge, umfassende Regulierungskontrolle auf allen Ebenen, beginnend am Arbeitsplatz, fehlt.

Auf einer Konferenz zum Thema "Nanotechnologien - der aktuelle Regulierungsstand" am 29. September forderte ein Vertreter des österreichischen Gesundheitsministeriums die Anwendung des Vorbeugungsprinzips mit Hilfe eines EU-weiten Moratoriums der Anwendung von Nanotechnologien im Lebensmittelsektor. Gewerkschaften sollten diesen Standpunkt nachdrücklich vertreten, wenn sie der jüngsten Forderung der Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit nach einer Anhörung zum Entwurf ihres wissenschaftlichen Gutachtens zu Nanowissenschaft und Nanotechnologien und Lebensmittel- und Tierfuttersicherheit" nachkommen.

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Die Zusammenfassung und vollständigen Berichte der Königlichen Kommission sowie die wertvollen Untersuchungen, die ihnen zugrunde liegen, können hier abgerufen werden.