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Prekär x 3 : Die Schichten prekärer Beschäftigung unter den Oreo-Keksen und -Waffeln von Kraft

14.07.11 News
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Während Kraft Foods auf den indischen Markt drängt, werden seine berühmten Oreo-Kekse und -Waffeln mit Hilfe von drei Schichten prekärer Beschäftigung hergestellt: ausgelagerte Produktion (oder Fremdherstellung); Gelegenheitsbeschäftigung; und keine Arbeitsverträge…

In der Vergangenheit wurden Oreo-Kekse und -Waffeln nach Indien eingeführt und zum Preis von Rs. 50 (USD 1,11; EUR 0,78) für 14 Kekse verkauft. Jetzt sind vor Ort hergestellte Oreo-Kekse für weniger als die Hälfte dieses Preises auf den Markt gekommen: Rs 20 (USD 0,45; EUR 0,31) für 14 Kekse und in kleineren Packungen (Rs. 5 für drei Kekse; Rs. 10 für sieben Kekse), um mit den lokalen Marken konkurrieren zu können. Nach der Übernahme von Cadbury war der Vertrieb  der Oreo-Marken an Cadbury India übertragen worden. Kraft Foods‘ Oreo ist jetzt eine bedeutende Marke in Indien, deren Marktanteil aggressiv ausgebaut wird.

Hinter diesem Wachstum steht jedoch die Tatsache, dass Kraft Foods in Indien keinen Herstellungsbetrieb besitzt. (Nur die 5 Cadbury-Betriebe, die letztes Jahr im Zuge der Übernahme erworben wurden, sind im Besitz des Unternehmens). Oreo-Waffeln werden mit Hilfe von drei Schichten prekärer Beschäftigung hergestellt: ausgelagerte Produktion (oder Fremdherstellung); Gelegenheitsbeschäftigung; und keine Arbeitsverträge.

In der Fabrik von Bector Food Specialties in Phillore-Ludhiana im nordindischen Bundesstaat Punjab stellen 720 Arbeiter und Arbeiterinnen die Oreo-Kekse von Kraft Foods her. Von diesen 720 Arbeitskräften sind 625 unmittelbar beschäftigte Gelegenheitskräfte (500 Frauen und 125 Männer), 60 sind Vertragsarbeiter/innen, und nur 35 sind festangestellt – gerade einmal fünf Prozent.

Ein „gekündigter“ Gelegenheitsarbeiter, dem ein Vorgesetzter mündlich zu verstehen gegeben hatte, er solle nicht mehr zur Arbeit kommen, im Gespräch mit Rajwant Singh (rechts), Vorsitzender des von der IUL unterstützten Forums der Lebensmittelarbeiter/ innengewerkschaften des Bundesstaates Punjab. Das Gesicht des Gelegenheitsarbeiters (Mitte), der noch bei Bector Foods beschäftigt ist, ist unkenntlich gemacht, um Konsequenzen zu vermeiden.

Die 625 Gelegenheitskräfte haben keinen Arbeitsvertrag und leisten mindestens 12-Stunden-Schichten (die Fabrik, die im 7-Tage, 24-Stunden-Betrieb arbeitet, fährt nur zwei Schichten). Im Durchschnitt verdienen sie Rs. 3. 200 pro Monat (USD 71,40; EUR 49,80), was 17% unter dem Mindestlohn für den Bundesstaat Punjab liegt*.  Die Produktionsauslagerung mit einer Quote der prekären Beschäftigung  von 95% und Löhnen unter dem gesetzlichen Minimum dürften die Erklärung dafür sein, dass die Preise für Oreo-Kekse und -Waffeln 40% unter dem Preis der importierten Erzeugnisse liegen und  drei Kekse nur Rs. 5 (USD 0,11; EUR 0,08) kosten.

Bector Foods übt eine extreme Beschäftigungsflexibilität aus und entlässt Arbeitskräfte nach Belieben. Ohne einen Vertrag können die Arbeiter/innen nie ihren rechtlichen Anspruch auf eine feste Beschäftigung geltend machen (nach den geltenden Vorschriften sichert eine fortlaufende Beschäftigung von 240 Tagen automatisch den Anspruch auf einen festen Arbeitsplatz). Noch wichtiger ist, dass Kraft Foods sich von jeglicher Arbeitgeberverantwortung distanzieren kann – und  de facto die „Verantwortungslücke“ verdreifacht.

Bector Food Specialties stellt eigene Markenkekse, Cremica, sowie Gewürze und Sossen her. Es betreibt 6 Fabriken in Indien und beschäftigt 2500 Arbeitskräfte. Neben der Herstellung von Kraft Foods-Marken beliefert es auch andere grosse transnationale Unternehmen, die in Indien tätig sind, wie McDonald’s.
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* Der staatliche Mindestlohn beträgt Rs. 3. 840 pro Monat auf Basis Rs. 147,73 pro Tag für 26 Tage.