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IUL-Kongress definiert Kämpfe und Zielsetzungen für die nächsten Jahre

25.06.12 Feature
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Der 26. IUL-Kongress, der vom 15.-18. Mai in Genf tagte und unter dem Slogan "Organisieren, kämpfen, gewinnen!" stattfand, erwies sich als der bisher größte und repräsentativste Kongress in der Geschichte der Gewerkschaft und war von Kampfgeist, militanter Entschlossenheit und großer Solidarität charakterisiert.

Die 393 Kongressdelegierten (mehr als 2007) sorgten für eine starke Vertretung aller Regionen und aller Sektoren.

Die Arbeit des Kongresses drehte sich um 4 Hauptthemen, wobei für jedes eine Reihe konkret definierter Zielsetzungen verabschiedet wurde, die den Mitgliedern als Rahmen dienen sollen, um sich zu organisieren, zu kämpfen und zu gewinnen und dadurch selbst stärker zu werden und zugleich die IUL zu stärken. Auf der Sitzung „Organisieren und unseren Kampf gegen prekäre Beschäftigung gewinnen“ wurde deutlich, in welchem Maße die IUL-Mitgliedsverbände der Bekämpfung der Expansion aller Formen prekärer Beschäftigung eine zentrale, wenn nicht die zentrale Rolle im Kampf für ihre eigenen Organisationen und die Gewerkschaftsbewegung insgesamt beimessen. Der Kongress billigte mit großer Zustimmung Vorschläge für eine Stärkung der IUL-Arbeit in den Konzernen, die sich zum Ziel setzt, das Wachstum prekärer Arbeitsplätze systematisch anzugreifen und dafür zu kämpfen, dass prekär Beschäftigte Gewerkschaften beitreten können und von den Kollektivverhandlungen abgedeckt sind. Die Gewerkschaften aller Ebenen müssten sich außerdem mit vereinten Kräften gegen Gesetzesanträge zur Wehr setzen, mit denen die Ausweitung der prekären Beschäftigung gefördert und bestehende Schutzmechanismen ausgehebelt werden sollen. Die Wortmeldungen und Präsentationen des Sekretariats, vor allem aber jene der Delegierten machten deutlich, dass es die Gewerkschaften waren, denen es durch Organising gelungen ist, die Umwandlung prekärer Arbeitsplätze in direkte Festanstellungen durchzusetzen und auf diese Weise eine Umkehr der rückläufigen Mitgliederzahlen zu erreichen und ihre kollektive Verhandlungsmacht wieder aufzubauen. Angesichts des Ansturms an Wegwerfjobs und der immer größer werdenden Zahl an gewerkschaftlich nicht organisierten Arbeitsplätzen müssen die IUL und die Mitgliedsgewerkschaften ihre Bemühungen effektiver koordinieren und geschlossener vorgehen.

Organising, um die Ausbreitung prekärer Arbeit rückgängig zu machen und auch alle anderen Herausforderungen erfolgreich zu meistern, setzt voraus, dass sich die IUL als internationale Kraft organisiert und die großen transnationalen Konzernen, in denen so viele IUL-Mitglieder beschäftigt sind bzw. erst gewerkschaftlich erfasst werden müssen, an vorderster Front angreift. Das Organising in den TNKs wie auch in den Sektoren erfordert reibungslos funktionierende, integrierte und militante Organisationen, die in der Lage sind, rasch und effektiv zu reagieren, um ihre Mitglieder zu verteidigen und neue zu gewinnen. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Arbeit besteht darin, die Anerkennung und das Engagement durch weitere Konzerne zu gewinnen, wie auch in einer stärkeren Vertretung durch Frauen.

Die Unterstützung für die TNK-Arbeit der IUL und die Solidaritätsbereitschaft kamen in der Begeisterung zum Ausdruck, mit der die Kampagne „Wir sind die 53!“ und der damit verbundene Kampagnenfonds aufgenommen wurden, die zum Schutz der entlassenen Gewerkschaftsmitglieder im Nestlé-Betrieb von Panjang in Indonesien lanciert wurden. Keine 7 Tage nach dem Kongress wurde der Panjang-Konflikt unter Erfüllung sämtlicher Forderungen der Gewerkschaft beigelegt. Der Kongress billigte auch die Unterstützung neuer und anhaltender Organising- und Solidaritätskampagnen, die in anderen Konzernen und Sektoren auf der ganzen Welt durchgeführt werden sollen.

Organising in den Unternehmen und Sektoren findet in keinem politischen Vakuum statt und einige der größten Herausforderungen für die IUL und die Gewerkschaftsbewegung insgesamt sind rein politischer Natur. Viele, wenn nicht sogar die meisten der traditionellen Verbündeten der Gewerkschaftsbewegung sind im neoliberalen Konsens aufgegangen. Sie tragen die Hauptverantwortung für die Deregulierungspolitik und erweisen sich inzwischen als außerstande, die Interessen der Arbeitnehmer/innen gegen die massiven Angriffe auf ihren Lebensstandard, auf öffentliche Errungenschaften und die soziale Wohlfahrt zu verteidigen, die im Mittelpunkt der neuen Sparmaßnahmen stehen. Durch die schleichende Privatisierung der Politik wurde der Raum für demokratische Mitsprache und demokratische Alternativen immer kleiner, da die Parteien – der Linken wie der Rechten – nur noch Beschlüsse umsetzen, die außerhalb der politischen Verfahren gefasst werden. Auf politischer Ebene zu gewinnen, muss daher bei jeder seriösen Kampfansage eine wesentliche Rolle spielen und setzt voraus, dass für die Wahrung und den Ausbau öffentlicher Dienste gekämpft und neue Bündnisse aufgebaut werden, darunter auch mit Bewegungen an der Basis, die sich gegen die Sparkurse richten und der Herrschaft der Finanzwelt, deren Macht außerhalb der traditionellen gewerkschaftlichen und politischen Rahmen entstanden ist, den Kampf ansagen. Ein Sonderpodium zum „arabischen Frühling“ mit Gewerkschafter/innen aus Bahrain, Ägypten, Tunesien und Algerien betonte die zentrale Rolle der Gewerkschaftsbewegung als Katalysator und Garant eines demokratischen Kampfs wie auch bei der Bewältigung der vielen Herausforderungen, mit denen die Arbeiter/innen und Demokrat/innen in Afrika und im Nahen Osten und selbstverständlich auch anderswo konfrontiert sind.

In einer Welt voller Hunger, in der vielfach die Hungernden und Unterernährten die Nahrungsmittel herstellen und das gesamte Ernährungssystem durch den ökologischen Raubbau und die Gier der Konzerne nach Rohstoffen in Gefahr ist, muss eine zentrale Aufgabe der IUL und ihrer Mitglieder weiterhin darin bestehen, sich zu organisieren und den Kampf um das Recht auf Nahrung und nachhaltige Ernährungssysteme zu gewinnen. Die Grundvoraussetzung für ein nachhaltiges Ernährungssystem sind menschenwürdige Arbeit und existenzsichernde Löhne. Hier besteht ein wesentlicher Beitrag der Gewerkschaften darin, dass sie die Lebensmittelarbeiter/innen organisieren und existenzsichernde Löhne erkämpfen, die Gewerkschaften der Landwirtschaftsarbeiter/innen stärken und ihre Kapazität aufbauen, damit nachhaltige Ernährungssysteme auf allen Ebenen verhandelt werden, das Recht auf Nahrung und der universelle Zugang zu Trinkwasser gewährleistet sind und für regulative und politische Veränderungen gekämpft wird, mit denen die Ernährungssicherheit auf allen Ebenen gestärkt wird.

Der Kongress war in hohem Maße von der Mitarbeit und Mitsprache der Delegierten geprägt. Die Vertretung von Frauen und insbesondere von weiblichen Delegierten mit Stimmrechten war im Vergleich zum Kongress 2007 von 28% auf 39,9% gestiegen, was zum Teil den 2007 verabschiedeten Satzungsänderungen zu verdanken ist, die eine Vertretung von mindestens 40% Frauen vorschreiben.

Bei den Wahlen der IUL-Gremien wurden neue Vertreter/innen gewählt, aber auch für Kontinuität gesorgt. Die Wiederwahl von Ron Oswald und Hans-Olof Nilsson als Generalsekretär bzw. Präsident der IUL erfolgte einstimmig.

Für eine vollständige Dokumentation und Liveübertragung vom Kongress hier klicken.